Predigt 2. für Sonntag nach dem Christfest Lukas 2, 41 – 52 von Christian Buhr
Sommer, 25° im Schatten, Menschenmassen im Playmobil-Funpark, vor allem viele Kinder. Unsere jüngste Tochter war gerade 3 ½ Jahre alt und ist ihren beiden älteren Geschwistern immer hinterher gelaufen. Der Park bei Nürnberg bietet viele Spielmöglichkeiten für Kinder, auch einen Bereich mit Wasser. Es konnten verschiedene Hindernisse in Rinnen eingebaut werden, so dass das Wasser sich einen Weg bahnen musste. Wir konnten unsere drei fast nicht davon weg lotsen, aber zu Mittag knurrte dann doch der Magen. Wir signalisierten ihnen, dass wir den Bereich verlassen und uns einen Platz für ein Picknick suchen wollten. Alle drei verließen ihren jeweiligen Standort und liefen auf uns zu. So machten wir uns auf den Weg und fanden einen Tisch mit Bänken, der gerade frei wurde, als wir dort ankamen. Als wir unseren Rücksack abgestellt hatten, drehte ich mich zu unseren Kinder um. Aber da standen nur zwei – unsere Jüngste fehlte. Einen kurzen Moment war ich nervös und startete dann die Suche, während unsere beiden großen Kinder bei Mama blieben. Es dauerte glücklicherweise nicht lange bis ich unsere Tochter fand. Sie war immer noch bei den Wasserrinnen, allerdings an einem anderen Platz als vorher. Die Faszination Wasser war stärker als der Ruf von Mama und Papa und der Hunger.
(Lesen des Predigttextes: Lukas 2, 41 – 52)
Ich halte Maria und Joseph in dieser Geschichte für gute Eltern. Sie sind für Ihren Sohn Jesus verantwortlich. Die religiöse Erziehung hat schon begonnen, bevor er mit 13 religionsmündig wird und ein volles Mitglied der jüdischen Gesellschaft werden kann. Die Erfahrung einer Pilgerreise nach Jerusalem zu einem der großen jüdischen Feste ist sicherlich hilfreich. Immerhin ist der Tempel der zentrale Ort der Gottesbegegnung.
Und dann kommt der Rückweg. Da eine solche Reise nicht allein unternommen wird, ist man als Gemeinschaft, meist als Dorfgemeinschaft unterwegs. Und das sind dann auf einmal nicht drei Personen, sondern mehrere Dutzend Personen. Unterschiedliches Gehtempo ist vorhanden, aber kein Problem, man trifft sich abends sowieso an einer vorher abgesprochenen Stelle. Und als Jesus nicht da ist, kehren die Eltern sofort um. Und suchen ihn drei Tage lang. Drei Tage lang suchen sie ihren Sohn. Damals noch ohne Polizeifunk oder GPS-Funktsignal im Smartphone. Sie durchstreifen Jerusalem, das immerhin 40.000 Einwohner hat. Und finden Jesus schließlich im Tempel. Und müssen sich dann die Frage gefallen lassen, warum sie ihn überhaupt gesucht und warum sie nicht gleich in den Tempel gekommen sind.
Als wir im Playmobil-Funpark waren, bekamen meine Frau und ich Hunger. Wir haben unsere Kinder gerufen und einen Platz zum Essen gesucht. Die Kinder haben wir nicht gefragt, ob sie auch Hunger haben. Da sich unsere Kinder von ihrem jeweiligen Spielplatz gelöst hatten, haben wir angenommen, dass sie uns jetzt folgen. Unser Blick galt dann nur noch der Suche nach einem Platz für das Picknick.
So geht es mir in anderen Situationen auch manchmal. Ich überlege, was als nächstes zu tun ist, welcher Schritt für mich persönlich oder in den Gruppen als nächstes dran ist. Natürlich bringe ich das ins Gebet vor Gott. Und wenn es richtig erscheint, dann gehe ich auch los, beginne mit der Arbeit. Leider vergesse ich dabei manchmal, weiterhin auf dem Weg zu fragen, ob Jesus dabei ist. Da gehe ich dann meine Wege und erwarte, dass Jesus mitkommt. Denn er hat ja versprochen, dass er bei uns ist bis ans Ende der Welt. Aber hin und wieder sollte ich mich auch umsehen, ob Jesus wirklich dabei ist. So wie Maria und Joseph, die nach der ersten Etappe dann doch intensiv nach Jesus gesucht haben. So, wie wir am Tisch dann unsere Kinder durchgezählt haben. Und als da jemand fehlte, wurde umgekehrt.
Wer feststellt, dass Jesus nicht mitgekommen ist und dann umkehrt, hat schon einen wichtigen ersten Schritt getan. Dann stellt sich die nächste Frage: Wo ist Jesus oder wo finde ich Jesus? Bei Maria und Joseph hieß es, drei Tage Jerusalem absuchen und schließlich Jesus im Tempel finden. Unsere Tochter war seinerzeit immer noch am Wasserspielplatz und es war sehr leicht, sie zu finden. Aber wo finden wir Jesus, wenn wir bei unserer Arbeit bemerken, dass er nicht mitgekommen ist? So einen schönen Tempel wie in Jerusalem haben wir nicht. Uns bleibt die Kirche, die Gemeinschaft mit anderen und die Bibel. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Jesus und Gott uns dort begegnen wollen. Wir müssen uns aber auf die Suche machen und uns mit Gott, mit der Gemeinschaft in unserer Gemeinde und mit der Bibel beschäftigen. Maria und Joseph brauchten drei Tage, bis sie Jesus gefunden hatten. Wir sollten also nicht darauf hoffen, dass unsere Suche und unsere Fragen nach einer Stunde oder einem Gebet oder einem Gottesdienst schon alle beantwortet sind. Es dauert seine Zeit.
Und schließlich steht für mich noch die Frage im Raum: Verstehe ich Jesus denn auch, wenn ich ihn gefunden habe? Im Text für heute wird Maria und Joseph bescheinigt, dass sie Jesus nicht verstanden haben. Maria behält Jesu Worte im Herzen, aber verstanden hat sie Jesus nicht wirklich. Er sprach davon, dass er dort sein muss, wo sein Vater ist. Aber Joseph war doch sein Vater, und bei Joseph war Jesus eben nicht. Hier scheint durch, dass Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott ist. Joseph ist der Vater des wahren Menschen Jesus, Gott ist der Vater des wahren Gottes Jesus. Für uns heute verständlich, für Maria und Joseph zu dem Zeitpunkt noch nicht nachvollziehbar. Wir kennen den Ausgang der Geschichte – vom Kind in der Krippe zum Mann am Kreuz. Jesus ist die Mensch-gewordene Gegenwart Gottes. Ein Gott, der Lahme heilt, Blinde sehend und Taube hörend macht, Besessene befreit, mit Sündern und Zöllnern Tischgemeinschaft pflegt, vom angebrochenen Reich Gottes in seiner Person predigt und die Liebe Gottes zu uns Menschen bis zum bitteren Ende lebt.
Wir stehen am Beginn eines neuen Jahres. Ich lade ein, in den kommenden Tagen und Wochen über Jesus nachzudenken. Regelmäßig zu prüfen, ob Jesus meine Wege auch mitgegangen ist. Falls er nicht mehr dabei ist, meinen Weg zu überdenken und ihn zu suchen. Und mit der Bibel und in unserer Gemeinschaft zu erfahren, was Jesus uns mitteilen will und wie es sich auf unseren Weg auswirkt.
Amen.