Predigt für 22. März 2020
Predigt zu Jesaja 66,10-14, Sonntag Lätare von Pfarrer Jörg Muhm, Heidelsheim-Helmsheim, 22. März 2020
In Zeiten des Corona-Virus müssen auch die Kirchengemeinden Heidelsheim und Helmsheim ihre Gottesdienste bis auf weiteres aussetzen. Dennoch wollen wir mit Ihnen im Wort und im Geist Gemeinschaft haben und auf das Predigtwort zum Sonntag hören. Eine Aufnahme der Predigt finden Sie im Internet: http://www.ekg-heidelsheim.de oder http://www.ekg-helmsheim.de, auf http://www.youtube.de, auf dem Streaming-Dienst spotify als podcast oder als Audio-CD in unseren Kirchen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir befinden uns am Anfang einer weltweiten Krise. Da kommt etwas über die Welt, das wir niemals für möglich gehalten hätten. Ein Virus, der alles lahmlegt, weil er eine Bedrohung für Gesundheit und Leben von uns allen ist. Täglich wird von mehr Infizierten und Todesopfern berichtet und manch einer wird sich fragen: Wie soll ich die nächsten Wochen überstehen?
Ich bin begeistert über die Hilfsbereitschaft, die sich in den letzten Tagen in unseren Gemeinden an so viele Stellen gezeigt hat. Viele haben sich gemeldet, um ihre Hilfe und Unterstützung anzubieten. Einigen Menschen konnten wir schon Hilfe leisten. Danke für Euren Einsatz.
Der Predigttext für den Sonntag Lätare, den wir am 22. März in unseren Kirchen feiern würden, ist für mich eine Wohltat in dieser Zeit. Er steht im Buch des Propheten Jesaja Kapitel 66, Verse 10-14. Ich lese Ihnen die Worte vor:
10 Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt! Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid. 11 Denn nun dürft ihr saugen und euch satt trinken an den Brüsten ihres Trostes; denn nun dürft ihr reichlich trinken und euch erfreuen an dem Reichtum ihrer Mutterbrust. 12 Denn so spricht der HERR: Siehe, ich breite aus bei ihr den Frieden wie einen Strom und den Reichtum der Völker wie einen überströmenden Bach. Ihre Kinder sollen auf dem Arme getragen werden, und auf den Knien wird man sie liebkosen. 13 Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet; ja, ihr sollt an Jerusalem getröstet werden. 14 Ihr werdet’s sehen und euer Herz wird sich freuen, und euer Gebein soll grünen wie Gras. Dann wird man erkennen die Hand des HERRN an seinen Knechten und den Zorn an seinen Feinden.
Soweit die Worte aus Jesaja 66.
Einer dieser Vers war 2016 die Jahreslosung. Vielleicht erinnern sich manche von Ihnen: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.
Als ich den Text las, da dachte ich mir: „Ja, genau das ist es, was wir in diesen Tagen brauchen. Trost und Geborgenheit. Am liebsten auf den Schoß einer Mutter klettern und uns von Ihr in die Arme nehmen lassen.“
Sieger Köder, ein katholischer Pfarrer und Künstler, hat zu diesem Text aus Jesaja 66 ein Bild gemalt. Es zeigt eine Mutter, die ihre beiden Kinder tröstend in den Armen hält, erst auf den zweiten Blick merkt man, wie das Gewand der Mutter im unteren Bereich zur einer Stadt mit einem Tempel wird. Der Umhang ist bunt: Grün der Hoffnung, helle Farben von Licht, das Rot der mütterlichen Liebe, das Blau des Himmels. Die Mutter-Stadt Jerusalem wird zum Trost Gottes für die Gotteskinder.
Die Worte aus dem Prophetenbuch wurden damals an das Volk Israel geschrieben. Es lebte in einer schweren Zeit. Israel und Juda wurden in diesen Jahrhunderten vernichtend in Kriegen besiegt und ins Exil geführt. Jerusalem mit dem Tempel Gottes war zerstört. Große Hoffnungslosigkeit hatte sie breitgemacht. Mitten in diese Hoffnungslosigkeit sprechen die
Worte Gottes hinein. Sie wirken wie ein Licht in der Dunkelheit.
Wir leben – Gott sei es gedankt – seit fast 80 Jahren im Frieden. Aber in dieser Friedenszeit hat uns jetzt eine Not getroffen, die uns aufs Neue viel Angst und Unsicherheit bringt. Werden wir selbst krank werden? Werden wir wieder gesund werden? Oder werden wir an dem Virus sterben?
Diese Fragen sind plötzlich harte Realität! Keiner von uns weiß, ob er in einem halben Jahr noch sein wird.
Als Christinnen und Christen wissen wir, dass unser Leben in Gottes Hand steht. Jakobus schrieb in seinem Brief: Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun. Er hat Recht damit. Wenn der Herr will, werden wir leben. Aber dieser Glaube wird auf eine harte Probe gestellt. Vertrauen wir wirklich im Leben und im Sterben ganz dem Herrn?
Durch die Worte im Prophetenbuch Jesaja sagt uns Gott aber: Egal was passiert, ich, der Herr, dein Gott, sorge mich um dich, wie sich eine Mutter um ihre geliebten Kinder sorgt. Ich, der himmlische Vater, will dich trösten, wie dich eine liebende Mutter tröstet. Sei getrost und vertraue mir, denn ich bin mir Dir. Es wird auch wieder eine neue Zeit kommen, in der wir aus
der Fülle leben. So tröstet uns Gott.
Aber wir dürfen eben auch nicht außer Acht lassen, dass schon viele Menschen gestorben sind und noch sterben werden. Viele Tränen werden noch geweint werden bis die Corona-Krise überwunden ist. Wir stehen erst am Anfang.
Ich wünsche uns allen wirklich von Herzen, dass unser Leben bewahrt bleibt. Wenn wir aber sterben müssen, dann bekommen die Worte des Jesaja für uns aber noch einmal eine ganz andere Bedeutung: Denn die heilige Stadt Jerusalem ist in der Bibel oft auch ein Bild für das himmlische Jerusalem. Die Stadt Gottes, in der wir nach der Auferstehung sein werden.
Dort werden wir in der Gegenwart Gottes denn vollkommenen und ewigen Trost empfangen. Wir werden dort aus der Fülle des Lebens bei Gott leben. Im 21. Kapitel der Offenbarung des Johannes heißt es vom Himmel: Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein.
Es ist also ein doppelter Trost, den wir von Gott empfangen. Den Trost hier auf der Erde in unserer alltäglichen Sorge, Angst und Not. Und den Trost der Erlösten in Gottes Ewigkeit.
Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.
Ich wünsche Ihnen, dass sie diesen wunderbaren mütterlichen Trost Gottes immer wieder neu erfahren dürfen.
Ich möchte heute mit dem Gebet Psalm 39 schließen:
Siehe, meine Tage sind eine Handbreit bei dir,
und mein Leben ist wie nichts vor dir.
Wie gar nichts sind alle Menschen,
die doch so sicher leben!
Sie gehen daher wie ein Schatten /
und machen sich viel vergebliche Unruhe;
sie sammeln
und wissen nicht, wer es einbringen wird.«
Nun, Herr, wessen soll ich mich trösten?
Ich hoffe auf dich!
Amen.