Predigt für Sonntag, 11. April 2021 zu Matthäus 6,19-27 von Pfarrer Thomas
Predigt für die evangelischen Kirchengemeinden
Heidelsheim und Helmsheim
Für Sonntag, 11. April 2021,
Text: Matthäus 6,19-27
Verwurzelt: Neues tun –
Dinge nutzen und Menschen lieben
Predigttext
19 Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen. 20 Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen. 21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. 22 Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein. 23 Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein! 24 Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.
Predigt
Liebe Gemeinde,
vor vier Wochen hatten wir versprochen, dass wir im Rahmen unseres Gemeindethemas „Verwurzelt!“ noch mehr von dem Interview mit Gerhard Eissler, dem Förster, erzählen. Das möchte ich jetzt zuerst einmal tun: Auf die Frage hin, wie tief eine Wurzel gehen kann, antwortete er:
Eine Eichenwurzel kann bis zu 40 Meter lang werden. Die will natürlich ans Grundwasser. Aber die letzten 18 Jahre waren 18 Trockenjahre in Folge.
Nehmen wir an, eine Eichenwurzel geht zwischen 10 und 15 Meter tief und reicht dadurch bis zum Grundwasser. Wenn nun durch die Trockenheit das Grundwasser um 30 Zentimeter im Jahr zurückgeht, dann kann eine alte Eiche nicht mehr durch Wurzelwachstum reagieren. Sie kommt nicht mehr hinterher. Die jungen Eichen können das vielleicht noch schaffen, aber nicht die alten.
Wir hatten 18 Trockenjahre in Folge. 2002 war das letzte richtig nasse Jahr. 2003 war der Super-Sommer. Um Karlsruhe ungefähr 40 Grad. Das Rekordjahr! Und seit dort fehlt immer Niederschlag und durch die Wärme gibt es mehr Verdunstung.
Deshalb gibt das ein größeres Defizit. Und so ein relativ feuchter Januar ist da auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Über die Jahre haben wir den absoluten Minus-Rekord gehabt im Regen. Wir haben 620 Liter Niederschlag gehabt. Wir sollten 900 Liter haben und jedes Jahr fehlen mindestens 100/200 Liter. Das summiert sich natürlich. Die ganzen Jahre sind wenigstens immer noch ein bisschen die Quellen gelaufen. Aber jetzt ist wirklich aus. Jetzt ist fertig.“
Soweit das traurige Zitat aus dem Interview mit Gerhard Eissler. Vielleicht ahnen Sie, warum ich es zu dem Predigttext dazu gestellt habe.
Jesus sagt: Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln und Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen.
Jesus spricht von Schätzen, von wertvollen Dingen. Und er spricht davon, dass wir Schätze sammeln können: An zwei unterschiedlichen Orten: Auf Erden und im Himmel. Und damit wir nicht so sehr bei diesen Orten in „oben“ oder „unten“ denken, umschreibe ich die Orte so: Auf „Erden“, das ist der Teil unserer Wirklichkeit, der vergänglich ist. Im „Himmel“, das ist das was ewig wertvoll ist, was bleiben wird, was unvergänglich ist.
Darf ich Sie und Euch einmal an die harte Wirklichkeit des Vergänglichen heranführen, in dem ich das Stichwort „Haushaltsauflösung“ benenne? Das ist ein trauriger Vorgang! Jemand ist verstorben. Und nun muss entschieden werden, was man von seinen Schätzen behält und was entsorgt werden muss. Wer das schon mal gemacht hat, wird vielleicht diese Erfahrung mit mir teilen: Wir denken dabei unwillkürlich über unser eigenes Hab und Gut nach und machen uns klar: Nichts von dem, was wir besitzen, werden wir aus diesem Leben mit hinausnehmen. Andere werden darüber entscheiden. Entweder es wird jemand in Besitz nehmen. Oder es wird weggeworfen, bestenfalls recycelt.
Irdische Schätze gehen auch schon zu Lebzeiten verloren. Ein Handy zersplittert. Ein Auto wird vom Rost zerfressen oder bei einem Unfall geschrottet. Vermögen werden an der Börse verzockt. Oder eine Pandemie verzehrt alle Reserven. Und wie Diebe erscheinen uns diejenigen, die in der Katastrophe ihren Profit machen.
Wie nah die Worte von Jesus unseren Erfahrungen kommen, merken wir an der Formulierung: Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. Gewinn und Verlust, es lässt uns nicht unberührt. Es geht uns zu Herzen. Es lässt uns nicht kalt, was mit unserem Hab und Gut geschieht. Es berührt uns, was andere haben und wir nicht.
Nun rede ich vom andern Ort, vom Himmel, von Gottes unvergänglicher Wirklichkeit. Mit Ostern ist uns diese Wirklichkeit endgültig eröffnet. Jesus ist auferstanden. Paulus beschreibt diese neue Wirklichkeit so: „Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod.“ (1. Korinther 15,26) Und: „Es wird gesät verweslich und wir auferstehen unverweslich.“ (1. Korinther 15,42) Da gibt es also einen Ort, an dem sich nicht alles auflöst, an dem nichts verloren geht oder geklaut wird, nichts zersplittert. Und diese Auferstehungswirklichkeit ist wirksam im Himmel wie auf Erden. Dass auch in diesem Leben schon das Neue eine Rolle spielt, sieht man daran, dass sich Jesus mit seiner neuen Wirklichkeit, mit seinem neuen Leib, in diesem Leben zeigte.
Wie sammeln wir uns nun Schätze im Himmel, Schätze die nicht vergehen? Auf derselben Seite der Bibel wie unser Predigttext steht dieser Vers: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit!“ (Matthäus 6,33) Bei Gerechtigkeit geht es um Gemeinschaft, um Beziehung. Das hebräische Wort für Gerechtigkeit (Zedaka) bedeutet: Gemeinschaftstreue. Mit allem, was wir anderen Menschen zugutetun, sammeln wir Schätze im Himmel. Da geht es um das ewige Leben, weil es immer wertvoll bleiben wird. Warum? Weil es Gottes Willen entspricht. Gott will das Leben, das Leben seiner geliebten Menschen. Die Währung der Liebe kennt keine Inflation, keinen Wertverlust, keine Fehlinvestition. Man könnte die Aufforderung „Sammelt euch aber Schätze im Himmel“ auch so übersetzen: „Investiert in Gottes Unternehmungen in der Welt!“ Und das Ziel göttlicher Unternehmungen in der Welt, ist jeder Mensch, der mit uns hier lebt, und die Umwelt, in der wir und künftige Generationen leben.
Es ist auch gut, wenn wir unser Hab und Gut an dieser Stelle einsortieren: Es ist uns zu unseren Lebenszeiten anvertraut, damit es Menschen dient. Etwas zu haben, Geld oder Besitz, macht für sich keinen Sinn, es sei denn es dient dem Sinn. Es hat einen Zweck, ist aber kein Selbstzweck. Unser Häuser, unsere Bankkonten, unsere Handys, unsere Kleidungsstücke, unsere Lebensversicherungen machen keinen Sinn, dienen aber einem Zweck: Menschliches Leben für uns und andere zu ermöglichen. Genau das ist im Interesse Gottes. Und was da geschieht, ist unvergänglich, bleibt, ist ewig wertvoll. Es gehört zu dem Neuen, der Auferstehungswirklichkeit.
Nun stellt uns Jesus vor eine Entscheidung: Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.
Warum muss hier eine Entscheidung getroffen werden?
Mit Mammon ist der „Götze Geld“ gemeint. Modern würden wir sagen: Die Menschen in Beschlag nehmende Eigendynamik des Finanzwesens. Das Geld ist wie der „Herr der Ringe“: Zuerst haben wir den Eindruck wir hätten das Geld in unserem Besitz. Aber über kurz oder lang können sich die Machtverhältnisse umkehren. Der Ring wird der Herr über den Ringträger. Aus Smeagol wird Gollum. Das Geld wird Herr über seinen Besitzer. Klammer auf: Oder auch Herr über seinen Schuldner! Auch gerade, wenn wir es noch nicht haben oder nicht mehr haben, kann Hab und Gut unser Herz in Beschlag nehmen.
Das war auch der Grund, warum Jesus – er kannte sich im Finanzwesen seiner Zeit sehr gut aus – so oft vom Geld sprach. Zielsicher identifizierte er das Geld als größten Konkurrenten zu Gott. Mammon begehrt, sich zum Herrn über unser Herz aufzuschwingen.
Deshalb zeigt uns Jesus die Notwendigkeit einer Entscheidung! Ich glaube wir müssen sie ab und an wieder neu treffen: Dienen wir mit unserem Leben dem Haben, oder dienen wir mit unserem Leben Gott und den von ihm geliebten Menschen? Nur wenn wir Gott dienen, kann Hab und Gut uns dienen. (Ich wiederhole das noch mal.) Nur, wenn wir Gott dienen, kann Hab und Gut uns Menschen dienen, ohne zu herrschen. Wie entscheidest Du, heute?
Nun komme ich auf das Interview mit dem Förster zurück. Der Grundwasserspiegel sinkt ständig, sagt er. Schon seit langer Zeit. Zuerst waren die Auswirkungen kaum zu merken. Aber je länger desto dramatischer sehen wir die Auswirkungen. Irgendwann ist fertig. Wir wohnen in Helmsheim in der Nähe der Stelle, an der der Rohrbach unter der Straße verschwindet. Er führt nur Wasser, wenn die Quelle kräftig sprudelt. Wie Sie sehen, ist schon, nachdem er im Januar wenigstens etwas Wasser führte, schon wieder trocken gefallen.
Ich möchte Ihnen und Euch eine Frage mitgeben: Könnte es sein, dass genauso wie das Grundwasser auch der soziale Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gesunken ist? Könnte es sein, dass wir miteinander eher dem Geld dienen, als dass es uns dienen kann? Wie kommt es, dass es uns wirtschaftlich so gut geht und dennoch so viele Menschen mit so viel Angst und Traurigkeit und dem Gefühl leben, wertlos zu sein?
Jesus ist auferstanden, er hat uns den Weg zu einem unvergänglichen Leben eröffnet. Er ist die Quelle, die nie versiegt. Er ist das Grundwasser, das nie zurückgeht. Wer sein Leben im lebendigen Gott verankert, in ihm Wurzeln schlägt und Gottes Liebe zu den Menschen teilt, der gleicht einem Baum, der an einem nie versiegenden Gewässer wächst. Seine Blätter verwelken nicht. Amen.
Stephan C. Thomas, Pfarrer, Vakanzverwalter der Pfarrei Heidelsheim und Helmsheim,
; zu erreichen unter 0160-7965863