Predigt für Sonntag den 1.11. von Pfr. Gunter Hauser zu Apostelgeschichte 4, 32 ff
Predigt zum Download als PDF: Zusammenhalt-Apg4-GHauser-01-11-2020.pdf
„Zusammenhalt“
Liebe Gemeinde,
das Thema „Zusammenhalt“ ist plötzlich aktuell in unserem Sprachgebrauch.
Vor Corona herrschte eine andere Sprache:
„Ich bin doch nicht blöd !“ – Kennen Sie diese Werbung noch?
Ich bin doch nicht blöd:
Das hieß: Ich zahl nur den niedrigsten Preis …
Ich zahl auch keine Steuern, wenn es irgendwie anders geht.
Ich trete auch mal schnell aus der Kirche aus, weil mich meine Bank darauf aufmerksam macht, dass ich von der Kapitalertragssteuer auch noch 1 Prozent Kirchensteuer zahlen soll …
Aber es gab dazu noch eine Steigerung:
Die hieß: „Geiz ist geil!“
Und wer jetzt meint, das war doch nur ein Werbespruch,
der täuscht sich.
Gewinnmaximierung wurde und wird noch vom Finanzamt allen Unternehmen vorgeschrieben. „Geiz ist geil“ gehört fast zu den Grundlagen unseres Wirtschaftssystems.
Alles ist auf möglichst viel Gewinn ausgerichtet.
Und jetzt kommt da so ein kleines Virus Corona und hält uns den Spiegel vor.
Und plötzlich merken wir, dass man Geld nicht essen kann – und hamstern Klopapier … !?!
Auf einmal sind Pflegekräfte die Helden der Nation. Vorher waren sie notorisch unterbezahlt und überlastet. Keine einheimische Arbeitskraft will in die Pflege, weil man da zu schlecht verdient. Daher müssen wir weltweit Pflegekräfte anwerben.
Hat es Corona gebraucht, damit wir merken, dass wir auf dem Holzweg waren?
Auf einmal kann laut gesagt werden, dass Krankenhäuser keine Unternehmen sein dürfen, die Gewinn machen müssen. Vorher hatte sich das schleichend als Standard etabliert – „das ist halt heute so …“ ‐Wie krank war diese Idee? Gewinnemachen mit den Kranken …?
Erst seit Corona merken wir, dass Zusammenhalt das einzige Heilmittel für unsere Gesellschaft ist.
Stellen wir uns mal vor, wir wären gesellschaftlich so weiter gerast, wie vor Corona …
Alle auf dem Ego‐Trip, Gutmensch als Schimpfwort. Hätten wir so weiter gemacht, gäb es bald keinen Zusammenhalt mehr.
Bei uns in der Kirche sagen wir Nächstenliebe. Aber dieses Wort ist in der Gesellschaft total unmöglich, nicht zu benutzen …
Papst Franzikus aber sagt:
„Wir brauchen jetzt die Kreativität der Liebe“.
Wie das praktisch gehen kann?
Das steht in unserem Predigttext:
Apostelgeschichte 4, 32‐37
Geschwisterliches Teilen in der Gemeinde
32 All die vielen Menschen, die zum Glauben an Jesus gefunden hatten, waren ein Herz und eine Seele. Niemand von ihnen betrachtete etwas von seinem Besitz als persönliches Eigentum; alles, was sie besaßen, gehörte ihnen gemeinsam.
33 Mit großer Kraft und bestätigt durch Wundertaten bezeugten die Apostel Jesus als den auferstandenen Herrn, und für alle sichtbar lag großer Segen auf der ganzen Gemeinde.
34 Es gab unter ihnen niemand, der Not leiden musste. Denn die in der Gemeinde, die Grundstücke oder Häuser besaßen, verkauften sie, wenn es an etwas fehlte, brachten den Erlös herbei
35 und legten ihn vor den Füßen der Apostel nieder.
Das wurde dann unter die Bedürftigen verteilt.
36 So machte es auch Josef, ein Levit aus Zypern, den die Apostel Barnabas nannten, das heißt »der Mann, der anderen Mut macht«.
37 Er verkaufte seinen Acker, brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.
Ja ist denn so was möglich? Da verkauft jemand seinen Besitz, um anderen zu helfen?
Bei uns versucht man Steuern zu sparen, wo es nur geht … ‐ und dort ging man sogar ans Eingemachte!
Das ist ein kompletter Gegenentwurf zu unserem heutigen Gesellschaftsmodell.
Gewinnmaximierung auf der einen Seite
Zusammenhalt auf der anderen…
Und die Corona‐Krise öffnet uns die Augen dafür.
Auf einmal ist Zusammenhalt angesagt ‐ nicht nur bei uns in der Kirche, sondern überall …
Sogar die Berliner Polizei veröffentlicht im Internet ein Lied: „Wir lassen hier keinen allein – am Ende steht das große WIR“.
Und die Politik folgt christlichen Grundsätzen: Wer in wirtschaftlicher Not ist, dem wird geholfen. Aus der großen Gemeinschaftskasse …
Das erinnert doch an die Gemeinschaft der ersten Christen …
Gewinnmaximierung war gestern!
Heute ist eine neue Grundhaltung angesagt:
Zusammenhalt.
Das ist für uns Christen eine ganz große Gelegenheit, unsere Ideale neu ins Gespräch zu bringen. Jetzt werden wir wieder gehört. Gestern waren wir noch die Gutmenschen, die Dummen, über die man gerne gespottet hat … Heute sind wir die, die wissen, wie es geht.
In christlichen Klöstern geht es seit Jahrhunderten, ja seit Jahrtausenden so: Privatbesitz oder Anhäufen von Eigentum gibt es nicht. Wozu auch …!?
Wenn ich weiß, dass ich ich von Gott getragen bin und dass ich Geld nicht essen kann, dann ist es besser, wenn wir das teilen, was Gott uns gibt.
Und in der ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem war das so. Alle haben alles geteilt und hatten alles gemeinsam.
Und wenn jemand in Not war, dann hat einer, der
Privatbesitz hatte, diesen verkauft, und die
Gemeinde konnte denen in Not helfen.
Wie weit haben wir uns von der ersten christlichen Gemeinde entfernt?
Wir haben uns gründlich angepasst an das allgemeine Wirtschaftssystem, das geprägt ist von Gier und Geiz.
Im Mittelalter noch waren Gier und Geiz als Todsünde benannt. Heute machen wir über Sünden nur noch Witze. Und Todsünde …? ‐ „Was für ein Quatsch …!“
Und jetzt öffnet uns Corona die Augen dafür, was damit gemeint ist. Wenn alle geizig sind und keiner etwas hergibt, um anderen zu helfen, dann kostet es ganz schnell Leben und es bedroht unsere Gemeinschaft …
Der Begriff Todsünde meint aber vor allem, dass meine Seele stirbt, wenn ich mich nicht um andere kümmere. Und dass ich im Herzen jetzt schon tot bin.
„Geiz ist geil“??? ‐ Autsch.
Wie tot mussten wir sein, dass wir die Gefahr dieses Spruches nicht bemerkt haben? Aber das war gestern!
Heute ist nach Corona und jetzt wird es Zeit, dass wir das Thema Zusammenhalt als unsere Chance begreifen.
Zusammenhalt bedeutet:
- Menschen in Not helfen und für sie einstehen.
- Benachteiligungen beim Namen nennen.
- alle Menschen als unsere Geschwister sehen.
- Gemeinschaft leben.
- Gut miteinander reden und Lösungen für Probleme finden.
- unsere Schöpfung bewahren
- Leben retten
- an das Beispiel Jesu erinnern
- auf Gott vertrauen, der uns alle trägt
- und so aus allem das Beste machen
Jetzt ist die Zeit für Zusammenhalt.