Predigt zur Jahreslosung 2021 von Daniel de Jong
Predigt zum Download als PDF - Live am 1. Januar 2021, 16:30 Uhr via Zoom oder YouTube
Predigt zur Jahreslosung 2021
Jesus sagt: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ Lukas 6,36
Die Jahreslosung für 2021 ist eine echte Herausforderung. Eine Aufforderung, die man nicht in nur einem Jahr schaffen kann. Sie ist daher viel mehr ein Lebensprogramm.
Sie kann aber auch als ein Aufruf zu einem unerreichbaren Ziel missverstanden werden. Vor allem wenn man die Parallelstelle aus der Bergpredigt kennt. Wie bei Lukas geht es auch bei Matthäus im Zusammenhang dieses Satzes um die Feindesliebe. Dort sagt Jesus: „Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Vollkommen sein, so barmherzig wie Gott, der Vater im Himmel sein, das schafft doch keiner.
Deshalb gefällt mir die Übersetzung, die hier auch möglich ist, viel besser. Es kann auch heißen „werdet barmherzig“. Das klingt schon viel eher nach einem Prozess, nach einem Weg, nach einem nach und nach. Daran kann man in diesem Jahr arbeiten. Durch Jesus bzw. mit seiner Hilfe barmherziger werden, das klingt vielversprechend. Zumal das letzte Jahr durch die Pandemie schon viel Gelegenheit gab, sich in Barmherzigkeit zu üben.
Barmherzig sein. Was bedeutet das eigentlich?
Die Onlineenzyklopädie Wikipedia erklärt es so: „Eine barmherzige Person öffnet ihr Herz fremder Not und nimmt sich ihrer mildtätig an.“ Im gleichen Artikel wird Barmherzigkeit auch mit „tätiger Nächstenliebe“ beschrieben.
Vielen fällt dazu bestimmt die Geschichte des barmherzigen Samariters ein, der dem Ausgeraubten am Wegrand hilft.
Der Theologe Dr. Roland Werner erklärt barmherzig von den Sprachen der Bibel her so. Im hebräischen hängt das Wort Erbarmen mit Wort für Schoß, dem Sitz der Emotionen zusammen und im griechischen kommt es vom Wort für Eingeweide, dem Innersten. Der Ort, aus dem nach griechischem Denken Liebe und Anteilnahme ihren Ursprung haben.
Auch Umschreibungen für „barmherzig“ gibt es viele: gnädig, gütig, mildtätig, mild(e) und mitfühlend um nur ein paar zu nennen.
Die Geschichte „vom verlorenen Sohn“ trägt bei manchen Auslegern den Namen, „der barmherzige Vater“. So legen sie den Fokus auf den handelnden Vater (Gott) und nicht auf den Sohn, bzw. die Söhne (wir Menschen).
Mit ihr zeigt uns Jesus, was es bedeutet barmherzig wie der Vater zu sein.
Im Grunde zeigt sich in der Barmherzigkeit das Wesen der Liebe. Eine Liebe, die den anderen im Blick hat, die sich für den anderen verschenkt, egal wie die Vorgeschichte ist.
Das ist das Vorbild das uns Gott in Jesus selber gibt.
In seinem Bild zur Jahreslosung greift Eberhard Münch einige dieser Aspekte auf. (Die Kärtchen dazu finden Sie in den offenen Kirchen)
Man sieht in vier farbigen sich überlappenden Quadraten vier unterschiedliche Handgesten zweier Personen und darunter in grau zwei offene Hände. Durch die Farbkästchen hindurch gehen zwei Farbbögen.
Auffallend ist die Richtung im Bild. Sie geht für mich von oben nach unten. Die beiden Bögen, die im hellen Bereich oberhalb der Farbquadrate starten, landen unten im Grau der offenen Hände.
Für mich bedeutet das: Barmherzigkeit hat ihren Ursprung in Gott. Weil er barmherzig ist, können auch wir barmherzig sein. Sein Handeln an uns, ist Vorbild für unser Handeln am Mitmenschen.
Die offenen, leeren, grauen Hände zeigen, dass wir mit leeren Händen kommen. Wir sind zu allererst Empfangende. Erst wenn Gott unsere Hände und auch unser Herz mit seiner Liebe und Barmherzigkeit erfüllt, können wir davon weitergeben.
Das zeigen für mich die vier weiteren Handpaare, die mir jedes Mal von zwei unterschiedlichen Personen zu stammen scheinen: Hände, die man sich aus unterschiedlichen Gründen der Barmherzigkeit reicht. Das könnte sein, im Uhrzeigersinn betrachtet: eine führende/begleitende Hand, eine gehaltene Hand einer kranken, vielleicht sterbenden Person, ein Handschlag der Versöhnung, eine hochziehende und ermutigende Hand. Vielleicht sehen Sie ja auch andere Deutungen der Gesten?
Ein weiteres Symbol, dass alle 5 Handpaare verbindet, zeigt sich in der Überlappung der farbigen Quadrate: Es ist das Kreuz. Das Zeichen, das die Barmherzigkeit Gottes am deutlichsten macht. Durch Jesu Tod am Kreuz, schenkt uns Gott sich selber als Geschenk der Barmherzigkeit. Seine Liebe, seine Zuwendung, seine Gnade und Güte werden hier greifbar und sichtbar.
Auch die gewählten Farben könnten eine Bedeutung haben.
Blau steht in der Farbleere unter anderem für Ruhe und Vertrauen. Wir können im neuen Jahr getrost unser Vertrauen neu in Gottes Barmherzigkeit setzen.
Grün als Farbe der Hoffnung und des Wachstums (in der Natur) zeigt uns, dass durch Gottes und unser Handeln der Barmherzigkeit kleine und große Veränderungen auf der Welt möglich sind.
Die Farbe Rot symbolisiert Liebe und Leidenschaft. Beides Grundlagen aus denen barmherziges Handeln hervor gehen. Wer in Liebe und mit Leidenschaft für Gottes Reich unterwegs ist, wird zum Botschafter seiner Barmherzigkeit.
Der Farbe Orange wird Lebendigkeit, aber auch Kreativität zugeschrieben. Diese in Verbindung mit Barmherzigkeit setzt ungeahnte Kräfte frei. Man denke z.B. an Mutter Theresa oder Organisationen wie Mercyships, die sich durch kreative Ideen ganz dem barmherzigen Handeln verschrieben haben. Oder auch an die vielen Initiativen, die sich (auch in unseren Orten) im letzten Jahr gebildet haben um in der Pandemie füreinander dazu sein.
„Seid oder werdet barmherzig, wie auch euer Vater (im Himmel) barmherzig ist“, fordert uns Jesus heraus. Die Jahreslosung für 2021 ist und bleibt eine Herausforderung! Aber eine, die uns Mut macht, sie im ganz kleinen umzusetzen. Gott gibt uns täglich Gelegenheit barmherzig zu handeln. Im Umgang in der Familie, bei der Arbeit, in der Schule, in der Gemeinde und an vielen Stellen mehr. Und in jeder genutzten Chance breitet sich Gottes Barmherzigkeit durch uns aus.
Das sind doch mal gute Aussichten für das neue Jahr!
Ich wünsche Ihnen Gottes Segen für 2021!
Ihr Diakon Daniel de Jong