Weihnachtsgeschichte 2022
Die verschwundene Geschichte.
Eine Weihnachtsgeschichte.
Von Marcel Köstens
Die Weihnachtszeit ist eine überaus magische und abenteuerliche Zeit, in der Normalität für ein paar Tage ausgesetzt scheint und das Wundervolle regiert. Plötzlich sind es die Kleinen, die groß auftreten können, während die Großen sich zurücknehmen und den Kleinen ihre Aufmerksamkeit widmen. Solch ein kleines Wesen scheint auch unsere wagemutige Heldin, Lenchen, zu sein, auch wenn sie das ganz anders sieht.
„Ich bin doch kein Kind mehr!“, schrie sie durch das geschmückte Wohnzimmer. „Ich will meine Geschenke! Und ich will sie jetzt!“
Sehnsüchtig blickte sie auf die großen Packungen, die in rot und grün unter dem Weihnachtsbaum schimmerten. Ach, war es denn möglich, dass es dieses Jahr so weit war? Würde sie endlich ihr erstes Handy bekommen? Konnte es denn sein?
„Lenchen, du weißt doch, wie es an Heiligabend läuft“, versuchte ihre Mutter sie zu beschwichtigen.
Natürlich wusste sie das. Die immer gleiche Leier mit der immer alten Heiligabend-Tradition. Dabei hatte sie den Gottesdienst und das ewig lange Abendessen doch schon überstanden. Sie hatte ja selbst O du Fröhliche für Oma auf der Trompete vorgespielt. Wie viel konnte man einem Menschen noch abverlangen?
„Nur noch die Weihnachtsgeschichte, meine Liebe.“
„Na gut, Mama“, willigte sie ein und setzt sich aufs Sofa. „Dann lies mal vor.“
Mit halbem Blick sah Lenchen ihrer Mutter dabei zu, wie sie zum Bücherregal ging, aber mit der anderen Hälfte blickte sie schon gespannt auf die Geschenke und erkannte ein kleineres Päckchen, dessen Verpackung leicht angerissen war. Sie konnte nicht viel erkennen, aber sie war sich sicher, das verheißungsvolle Apfel-Symbol erspähen zu können. Es war so weit! Dieses Jahr war es endlich so weit! Nur noch die Weihnachtsgeschichte stand im Weg.
„Ach, mein Liebes“, seufzte die Mutter entgeistert, „ich fürchte, die Geschichte ist verschwunden! Dann muss die Bescherung wohl noch warten.“
Lenchen konnte nicht glauben, was sie da hören musste.
„Komm, es ist auch schon spät, du musst wirklich ins Bett.“
Und so geschah es, dass unsere tapfere Heldin, die den gesamten Abend nichts falsch gemacht hatte und sich genau an die Tradition gehalten hatte, nun um ihre verdiente Belohnung betrogen wurde. Nur wegen dieser verschwundenen Geschichte! Aber so leicht lässt sich unsere Heldin nicht unterkriegen, denn man darf Lenchen keinesfalls unterschätzen. Ihr Köpfchen denkt gewieft und ihr Geist wird nicht müde, nach einer Lösung zu suchen.
Und so kam es, dass sich Lenchen kurz vor Mitternacht, als sie sicher war, dass ihre Mutter längst ins Traumland übergegangen war, aus dem Zimmer hinunter ins Wohnzimmer schlich. Einzig der Weihnachtsbaum spendete noch durch den schwachen Schein der Kerzen Licht in dieser späten Stunde. Es war eine wohlig warme Stimmung, die durch das leise Flackern versprüht wurde, zumal noch der Duft von herzhaftem Zimt und heißem Wachs durch die Luft flog. Doch davon durfte Lenchen sich nicht einlullen lassen; ihre Mission stand fest: diese doofe Geschichte finden! Obwohl sie ja eigentlich am liebsten direkt das kleine Päckchen mit dem verheißungsvollen Riss mit nach oben in ihr Zimmer nehmen würde. Aber wenn Mama das am nächsten Morgen merken würde! Das durfte sie nicht riskieren.
Als Erstes ging sie zum Weihnachtsbaum, denn womöglich hatte ihre Mutter gestern das Buch zum Baum gelegt, um es dirket dort vorlesen zu können, und einfach nur vergessen, dass sie es dort schon vorbereitet hatte. Lenchen kreiste um die ganze Tanne, aber das Buch war nirgends zu finden. Ein zweites Mal kann ja nicht schaden, dachte sie sich und startete den neuen Versuch. Aber – oh nein! Schusselig, wie sie eben manchmal war, stieß sie gegen den Weihnachtsbaum! Ein Wunder, dass keine der zerbrechlichen Kugeln heruntergefallen ist. Lediglich ein einzelner Strohengel schwebte zu Boden.
„Tut mir leid, kleiner Engel“, entschuldigte sich Lenchen, nachdem sie sich auf den Boden gesetzt hatte, und blickte verzweifelt auf die roten Weihnachtskugeln, in denen sich das Kerzenflackern spiegelte.
„Schon in Ordnung, Eure Hoheit“, ertönte eine zärtliche Stimme.
Sofort fuhr Lenchen auf und schaute verängstigt in alle Richtungen. „Wer ist da?! Zeig dich!“
„Fürchtet Euch nicht, meine Königin“, erklang es wieder, „ich bin hier unten und freue mich, Euch in dieser dunklen Stunde anzutreffen!“
Ungläubig richtete Lenchen ihren Blick zu Boden, wo sich ihr eine Nachtträumerei offenbarte. Ja, anders war das nicht zu erklären, es musste sich um einen Traum handeln! Wie sonst sollte der Strohengel von alleine stehen und sie mit funkelnden Augen anstarren?
„Ich bin keine Illusion, meine Herrin, ich bin tatsächlich hier. Das mag Euch jetzt unmöglich vorkommen, aber ich bitte Euch, die zweifelnde Brille abzulegen und Euch dem Wunderbaren zu öffnen. Dann werdet Ihr sehen, was unmöglich scheint.“
Lenchen beugte sich zu dem Strohengel: „das kann nicht wahr sein.“
„Es kann, wenn Ihr es zulasst“, antwortete der Engel, indem sich der kleine Mund aus Strohhalmen bewegte.
„Was willst du denn überhaupt von mir, kleiner Engel?“
„Das werde ich Euch erklären, wenn Ihr bereit seid, mir zu vertrauen. Vertraut Ihr mir, meine Königin?“
„Na schön“, schnaufte Lenchen, „ich vertraue dir. Jetzt erklär mir mal, was das alles soll. Und warum nennst du mich Königin?“
„Ihr seid doch meine Königin“, sagte der Engel, als wäre das offensichtlich. „Und als solche benötigen wir Eure Hilfe, denn ein schlimmer Feind hat sich gegen uns erhoben und unsere größte Kostbarkeit gestohlen!“
„Die Weihnachtsgeschichte, nicht wahr?“, überlegte Lenchen blitzschnell.
„Wahrlich, Ihr seid tatsächlich so klug, wie man sich erzählt“, staunte der Engel. „Der heimtückische Mäusekönig hat sie mit seiner grausamen Armee entwendet und damit gedroht, sie für immer zu vernichten, wenn wir seinen Forderungen nicht nachkommen.“
„Aber was habe ich damit zu tun? Wozu braucht ihr meine Hilfe?“
„Ihr, meine Königin, müsst unsere Armee anführen gegen den bösen Mäusekönig und seine fiese Mäusearmee!“
Plötzlich kamen unter der Tanne bunt gemischte Reihen aus Nussknackern, Strohfigürchen und Lebkuchenmännern hervor. Lenchen schaute dem Engel in die Augen und fragte, was all diese kleinen Wesen denn gegen eine Armee von Mäusen ausrichten wollten, als der Engel vor Lenchens Augen immer größer wurde.
„Beurteilt uns nicht nach der Größer unserer Körper, meine Königin, sondern nach der Größe unserer Herzen und unseres Glaubens! Mit Eurer Hilfe werden wir siegen! Außerdem werdet Ihr selbst merken, dass es nicht schlimm ist, ein wenig kleiner zu sein.“
Als der Engel das sagte, bemerkte Lenchen erst, dass nicht der Engel gewachsen, sondern sie selbst auf die Größe des Engels geschrumpft war. Doch irgendwie machte ihr das tatsächlich nichts aus. Immerhin konnte sie jetzt auf Augenhöhe mit dem Engel reden.
„Wie heißt du überhaupt?“, fragte Lenchen.
Dem Engel war ein deutliches Lächeln abzusehen, als er diese Frage vernahm. „Mein Name ist Marie, Eure Hoheit, und ich stehe Euch treu zu Diensten!“ Kaum hatte Marie das gesagt, erstrahlte sie in einem völlig anderen Licht, indem sie nicht mehr das leichte Kerzenflackern benötigte, um zu scheinen, sondern selbst zu einer Lichtspenderin wurde, deren braunes Haar leicht wie eine Schneeflocke auf den Schultern lag, während ihr Körper von einem seidenweißen Kleid umhüllt war.
Erst ein metallenes Klackern löste Lenchen aus der einnehmenden Aura, die von Marie ausging. Ein großer Nussknacker in glänzender Ritterrüstung trat neben Marie auf und salutierte mit seinen riesenlangen Armen, die alleine schon genügten, um Lenchens Größe zu übertrumpfen. Indem er die Arme wieder senkte, wandte er sich zu Marie und flüsterte ihr etwas ins Ohr.
„Darf ich vorstellen“, eröffnete Marie, nachdem der Nussknacker fertig geflüstert hatte, und deutet mit ihrer linken Hand auf eben diesen Nussknacker, der mit gesenktem Kopf stramm nach unten blickte, „der General Nussknacker Michael. Er hat mir soeben berichtet, dass sich die Mäusearmee zum Kampf rüstet, wie ein Wachsbote berichtet hat.“
„Aber General, weshalb sagen Sie mir das denn nicht selbst?“
Nun hob der Nussknacker seinen Kopf, sodass Lenchen zum ersten Mal sein bezauberndes Gesicht erkennen konnte. „Verzeiht mir, Eure Hoheit, ich war mir nicht sicher, ob Ihr es erlauben würdet, dass ein einfacher Nussknacker wie ich Euch direkt anspricht.“
„Führt Ihr diese ganze Armee an, General?“, fragte Lenchen.
„Ja, das tue ich, Eure Hoheit.“
„Wenn das so ist“, sagte Lenchen, indem sie sich verbeugte, „bin ich Ihnen für Ihren Dienst zu Dank verpflichtet, mein kühner General Michael.“
Als Lenchen sich wieder aus ihrer Verbeugung löste, meinte sie sogar, aus dem Augenwinkel heraus eine Träne das hübsche Gesicht des Generals herunterkullern zu sehen. Aber für ein längeres Gespräch mit dem lieben General blieb leider keine Zeit mehr, da er erklärte, die Armee für den Angriff bereit machen zu müssen, und daraufhin in der großen Menge verschwand.
„Marie, warum ist diese Geschichte eigentlich so wichtig für euch? Könnt ihr überhaupt lesen?“
Daraufhin musste Marie ein wenig kichern: „Ihr nehmt kein Blatt vor den Mund, das gefällt mir. Tatsächlich können wir nicht lesen, aber das ist auch nicht weiter schlimm, da Eure Mutter jedes Jahr so gütig ist, die Geschichte vorzulesen, sodass wir gar nicht darauf angewiesen sind, sie lesen zu können. Aber um Eure eigentliche Frage zu beantworten: Jedes Jahr, wenn wir diese Geschichte hören, erfüllt sie uns mit Hoffnung; wir merken wieder, dass es Licht in der Dunkelheit geben kann. Besonders uns, die wir die meiste Zeit des Jahres in einer dunklen Kiste verbringen, gibt diese Hoffnung viel Kraft. Ich fühle mich außerdem mit meinen Geschwistern, die sich in all den anderen Wohnzimmern dieser Welt befinden, verbunden, wenn ich höre, wie wir alle gemeinsam die Botschaft verkündet haben. Ihr merkt also – denn ich sehe es ganz genau in Eurem Gesicht und Euren Tränen – dass wir sehr stark mit dieser Geschichte verbunden sind. Deshalb wollen wir sie unbedingt zurückhaben. Auch wenn das, wie ich fürchte, bedeutet, dass wir kämpfen müssen.“
Lenchen wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und stampfte entschlossen auf den Boden: „Nein, das kann doch nicht die Lösung sein! Wie soll ein Kampf denn weiterhelfen? Das dürft ihr nicht tun, wir müssen einen anderen Weg finden!“
„Ich fürchte, dafür ist es bereits zu spät“, entgegnete Marie und dann hörte auch Lenchen das laute Geschrei, das den Beginn des Kampfes ankündigte. Es dauerte nicht lange, bis das Geschrei der Armee des Generals und das Gequike, das von Seiten der Mäusearmee und des Mäusekönigs erschallte, von dem Klirren und Klarren aufeinanderstoßender Schwerter abgelöst wurde.
Bereits nach wenigen Minuten deutete sich ein endloser und entsetzlicher Kampf an, der keine Gewinner übriglassen würde. Lenchen ertrug diesen grauenhaften Anblick nicht länger und drehte sich weg, was Marie nicht entging, die zu ihr kam, um sie zu trösten. Doch Lenchen wollte keine Tröstung, sie wollte einen Ausweg und ihr wurde bewusst, dass nur sie dafür sorgen konnte, diesen Kampf zu unterbinden. Sie musste mit dem Mäusekönig reden!
„Marie, kannst du mich auf das Schlachtfeld bringen?“
„Aber, Eure Hoheit, weshalb solltet Ihr das wollen?“
„Du hast mich hierhergebracht, um euch zu helfen, also lass mich auch helfen! Vertrau mir, Marie.“
Marie nickte zustimmend und breitete ihre mächtigen Flügel aus, mit denen sie Lenchen über die gegeneinander kämpfenden Armeen bis runter auf das Schlachtfeld flog, das beim Anblick Lenchens sofort um Stilstand kam und sich ganz auf die angekommene Königin konzentrierte.
„Mäusekönig!“, schrie Lenchen über das ganze Schlachtfeld. „Mäusekönig!“, schrie sie erneut. Und nachdem sie ein drittes Mal nach dem Mäusekönig gerufen hatte, öffneten die Krieger der Mäusearmee einen Gang in ihren Reihen, durch den in einer rostigen Rüstung die größte und weißeste aller Mäuse schritt. Kurz vor Lenchen blieb der Mäusekönig stehen und musterte sie mit seinen roten Augen.
„Warum ruft Ihr mich, Königin?“, fragte der Mäusekönig. „Wollt Ihr etwa direkt gegen mich kämpfen?“
„Nein, es wurde bereits genug gekämpft“, antwortete Lenchen. „Weshalb haben Sie die Weihnachtsgeschichte gestohlen, Herr Mäusekönig?“
„Schämen Sie sich nicht für diese Frage, Königin?“, entgegnete der König. „Sie verdrängen uns in die Wände des Hauses, nutzen unsere Hungersnot aus, indem Sie uns mit Essen in Todesfallen locken, und behandeln uns, als wären wir Monster. Und am Weihnachtsabend da wird uns nicht einmal gegönnt, die Weihnachtsgeschichte mitanzuhören. Nein, Ihre Krieger, die so demonstrativ am Baum hängen, richten die Waffen in unsere Richtung, sobald wir uns auch nur in die Nähe des Wohnzimmers wagen, um die Geschichte anzuhören. Welche Wahl lasst Ihr uns denn, als uns die Geschichte auf diese Weise zu beschaffen? Weshalb wir die Geschichte gestohlen haben? Weil Sie uns dazu gezwungen haben, Königin!“
Die Antwort des Mäusekönigs musste Lenchen erst einmal verkraften und überdenken. Der König hatte ja durchaus Recht, als er die Ungerechtigkeit beschrieben hatte, mit welcher das Volk der Mäuse behandelt wurde. War es dann noch gerecht, sie zu bekämpfen?
„Herr Mäusekönig“, sagte Lenchen, während sie vor ihm kniete, „ich verneige mein Haupt vor Ihnen und bitte Sie um Verzeihung. Sie haben allen Grund verärgert zu sein und ich verstehe, weshalb Sie die Weihnachtsgeschichte gestohlen haben, aber ich bitte Sie: unterlassen Sie einen weiteren Kampf. Ich werde die Truppen auch zurückziehen. Lassen Sie uns eine Lösung finden, aber ich bitte Sie, geben Sie uns die Geschichte zurück. Auch meinem Volk bedeutet diese Geschichte viel.“
„Königin“, antwortete er und half ihr auf, „Euer Herz spricht für euch, aber ich werde die Geschichte nicht einfach so wieder hergeben. Sie verstehen sicherlich, dass ich meinem Volk nicht den einzigen Hoffnungsschimmer nehmen will, den es hat.“
Da fiel Lenchen ein, wie sie dieses Dilemma beenden könnte. Sie flüsterte Marie etwas ins Ohr und sagte zum König: „Nun gut, Herr Mäusekönig, ich habe eine Lösung gefunden, die Sie bestimmt zufriedenstellen wird. Sie geben uns die Weihnachtsgeschichte zurück und dafür erhalten Sie einen Schatz, mit dem Sie die Geschichte jederzeit lesen können.“ In diesem Moment kam Marie mit einem Päckchen angeflogen, dessen Verpackung schon leicht angerissen war. „Nehmen Sie das Päckchen, Herr Mäusekönig, ich schenke es Ihnen.“
Der Mäusekönig nickte zustimmend und schickte ein paar seiner Krieger los, um die Weihnachtsgeschichte zu holen. Als die Mäusekrieger wieder zurückkamen, nahm Marie die Weihnachtsgeschichte entgegen und bedankte sich bei den Mäusen, die sich, angeführt von ihrem König, zurückzogen und wieder in der Dunkelheit verschwanden.
„Wir sind Euch zu ewigem Dank verpflichtet, meine Königin“, freute sich Marie und verneigte sich vor Lenchen. „Es war tapfer von Euch, wie Ihr den Kampf unterbunden habt, und barmherzig, wie Ihr Euer langersehntes Geschenk für den Frieden zwischen uns und den Mäusen gegeben habt. Wie können wir es Euch nur je begleichen, meine Königin?“
„Aber das müsst ihr doch gar nicht“, erwiderte Lenchen und umarmte Marie, deren Stroh-Körper weitaus weicher war, als Lenchen sich vorgestellt hatte. „Ich wollte das für euch tun, ihr seid mir nichts schuldig. Das ist es doch, was eine gute Königin für ihr zauberhaftes Völkchen tun sollte, findest du nicht auch? Aber ich fürchte, all die Anstrengung hat mich ziemlich erschöpft. Ich sollte wohl besser ins Bett gehen.“
Und kaum hatte sie das letzte Wort fertig gesprochen, fiel sie auch schon in einen tiefen Schlaf, aus dem sie erst am nächsten Morgen wieder erwachte. Sie lag in ihrem Bett, wieder in gewöhnlicher Größe, und fragte sich, ob es denn doch nur ein Traum gewesen war. Neugierig stand sie auf, um im Wohnzimmer nachzusehen, ob denn noch etwas von Marie, General Michael und dem Mäusekönig zu sehen war, doch nur ihre Mutter befand sich im Wohnzimmer und begrüßte Lenchen mit einer herzlichen Umarmung.
„Schau mal, Lenchen“, sagte ihre Mutter und zeigte unter den Weihnachtsbaum, „die Weihnachtsgeschichte lag die ganze Zeit dort!“
Als ihre Mutter zu lesen beginnen wollte, hielt Lenchen sie auf und ging zum Baum, von dem sie einen wunderschönen Stroh-Engel und einen bezaubernden Nussknacker zu sich nahm. Mit strahlendem Lächeln ging sie zu ihrer Mutter und las dieses Jahr ihr die Weihnachtsgeschichte vor, was sich zu einer schönen neuen Weihnachtstradition entwickeln sollte. Und natürlich versuchte sie, extra laut zu sein, damit auch der Mäusekönig und sein Volk die Geschichte hören konnten.
Danach gab es endlich die Bescherung, bei der sie ein Päckchen mit angerissener Verpackung fand. Sie öffnete es und fand zu ihrer großen Freude neben einem Handy einen Zettel darin, auf dem stand: Für die Königin. Dieser Schatz gehört Euch. Euer Mäusekönig.